Unterschiede zwischen Plattformen und klassischen Geschäftsmodellen
Kennen Sie GAFAM, FAANG oder BATX?[1] Plattformen verändern Märkte, Marktmechanismen und Geschäftsmodelle.[2] Die weitreichenden Auswirkungen von Plattformen auf unsere Wirtschaft sind nicht neu. Das wissen wir spätestens seitdem die Tech-Giganten regelmäßig die Wirtschaftsnachrichten dominieren. Akronyme wie GAFAM, FAANG oder BATX stehen für die größten Tech-Firmen weltweit und haben eine Gemeinsamkeit. Sie setzen auf plattformbasierte Geschäftsmodelle.
Doch wie funktionieren Plattformen? Wie haben sie sich im Laufe der Zeit entwickelt? Können erfolgreiche Plattformen auch in Europa entstehen oder gar auf regionaler Ebene funktionieren? Diese und weitere werden in dieser Blogreihe beantwortet. Kurz, prägnant, verständlich.
Grundelemente einer digitalen Plattform
Was macht digitale Plattformen erfolgreich?
Auszüge aus dem Cybinar „Platforms are eating the world – still“ mit Nicolas Dürr am 12.20.2021 – eine Veranstaltung des CyberForum im Rahmen des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum IT-Wirtschaft (KIW)
Eine allgemeingültige Definition für Plattform zu finden ist schwierig bis unmöglich. Das verwundert kaum. Tauchen sie doch in fast allen Branchen, in unterschiedlichen Kulturkreisen und in allen Größen und Variationen auf. Am ehesten kommt noch folgende Definition einer allgemein gültigen Beschreibung nahe.
“A platform is an open architecture with rules of governance to facilitate interactions.”
Parker, Geoffrey, Marshall Van Alstyne and Sangeet Paul Choudary, Platform Revolution: How Networked Markets Are Transforming the Economy – and How to Make Them Work for You, W. W. Norton & Company, 2016
Unter Architektur ist vor allem der technische Aufbau zu verstehen.
- Die Offenheit der Plattform gegenüber weiteren Akteuren
- Die Hürden die mit der Nutzung verbunden sind
- Die Möglichkeiten für Teilnehmende, Werte zu schaffen
- Die Zugriffsmöglichkeiten der Teilnehmenden auf die Architektur
Unter Governance sind die Regeln zu verstehen, die auf der Plattform gelten.
- Die Eintritts- und Austrittsregeln für die Plattform
- Die Sanktionierungen bei Nichteinhaltung von Vorschriften
- Die Inhalte, die auf der Plattform angeboten werden dürfen
- Die Akteure, die auf der Plattform Inhalte anbieten dürfen
Die Interaktion betrachtet vor allem die Aktion, auf die Plattform ausgerichtet ist.
- Die Dienstleistung, Produkt oder Information über die ein Wert geschaffen wird
- Zum Start einer Plattform wird im Idealfall ein Kernelement gewählt, später ist eine Erweiterung möglich
Alle drei beschriebenen Bestandteile einer Plattform sind elementar, ohne eine Community jedoch wertlos. Daher ist die Community das vierte Merkmal einer jeden Plattform. Als Betreiber einer Plattform lohnt sich die Definition von fünf bis sechs Rollen, die repräsentativ für die Nutzer:innen stehen. Diese Bestimmung von Persona ist äußerst wichtig[3]. Im Gegensatz zu herkömmlichen Geschäftsmodellen findet die eigentliche Wertschöpfung nämlich nicht innerhalb des Unternehmens statt, sondern außerhalb bei den Plattformnutzer:innen. Diese zu kennen ist daher als Plattformbetreibenden elementar. Neben der Wertschöpfung gibt es noch weitere Unterschiede zwischen klassischen und plattformbasierten Geschäftsmodellen.
Unterschiede von klassischen zu plattformbasierten Geschäftsmodellen
Open Innovation, Skaleneffekte und Ressourcen
Geschäftsmodelltyp | Klassisches Geschäftsmodell | Plattformbasiertes Geschäftsmodell |
Ziel | Produkte oder Dienstleistungen zu erstellen und zu vertreiben | Interkation zwischen Dritten erleichtern |
Innovation | Findet in Fachabteilung statt | Open Innovation innerhalb eines Ökosystems |
Ressourcen | Intern, legen Limit der Wertschöpfung fest | Nutzung von externen Ressourcen |
Wettbewerbsfähigkeit | Erfolgt durch Effizienzsteigerung oder Skaleneffekte, die sich auf der Angebotsseite einstellen | Erfolgt durch Netzwerkeffekte und Skaleneffekte, stellen sich auf der Nachfrageseite ein |
Offenheit | Isolation und Patente sollen Knowhow und Kenntnisse schützen | Offenheit und Einbindung von Partnern soll Erfolg sichern |
Wertschöpfung | Erfolgt linear entlang einer Wertschöpfungskette und findet innerhalb eines Unternehmens statt | Wettbewerbsfähigkeit wird durch Netzwerkeffekte erzielt und erleichtert dadurch die Skalierung |
Plattformökonomie im Laufe der Zeit – Ist eine Plattform mehr als ein Marktplatz?
Auch wenn Plattformen im Zuge der Digitalisierung einen enormen Bedeutungszuwachs erlangten, sind sie im Grunde seit jeher Bestandteil einer funktionierenden Wirtschaft. Sie waren und sind ein Mittler, ein Intermediär oder eine Schnittstelle, um Angebot und Nachfrage zusammenzubringen, zum Beispiel in Form von Märkten, Börsen oder Einkaufszentren. Plattformen ermöglichen wertschaffende Interaktionen zwischen mindestens zwei Akteuren, zumeist zwischen Anbieter:innen und Kund:innen. Digitale Plattformen lassen sich in drei bis vier unterschiedliche Evolutionsstufen einordnen.
- Digitale Marktplätze – Wegbereiter des klassischen e-Commerce
- Der Plattformbetreibende hat keinen Einfluss auf die Interaktion der Teilnehmer:innen
- Die Skaleneffekte und Kostenregressionen sind dabei die Basis des Geschäftsmodells
- Plattformökonomie und Share Economy – voller Fokus auf die Interkation. Die Geburtsstunde des so genannten Prosumer[4]
- Alle Nutzer:innen einer Plattform können Anbieter:in und Kund:in sein
- Der Vorteil dieses Modells ist, dass alle Ressourcen geteilt werden können
- Ein zentrales Problem wird gelöst – mit dem Ökosystem mehrere Services anbieten und unterschiedlichste Angebote auf einer Plattform platzieren
- Basis einer solchen Plattform sind standardisierte Schnittstellen mit unterschiedlichen Modulen zur Einbindung von externen Angeboten
Text: Jakob Ilg (Kompetenzzentrum IT-Wirtschaft „Standort Süd“ c/o CyberForum e.V.)
Sie haben Fragen oder Anregungen? Dann lassen Sie es uns wissen. Wir stehen Ihnen gerne zur Verfügung!
[1] GAFAM (Google, Amazon, Facebook (Meta Platforms), Apple und Microsoft)
FAANG (Facebook (Meta Platforms), Amazon, Apple, Netflix und Google)
BATX (Baidu, Alibaba, Tencent, and Xiaomi)
[2] Plattformbasierte und weitere Geschäftsmodelle von mittelständischen Unternehmen finden sich in interaktiven Videos auf www.aufzumdigital.de
[3] Persona können bspw. mit Design Thinking entwickelt werden. Angebote hierzu bietet das Mittelstand 4.0-Komeptenzzentrum IT-Wirtschaft an.
[4] Vgl. https://www.techtag.de/digitalisierung/digitale-plattformen-interview-mit-dr-holger-schmidt/