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Enterprise Ressource Plannung (ERP) – Bewertung einer Standardimplementierung für SAP Business One

ERP-Implementierungen sind nicht selten von hoher Komplexität. Besonders KMU sehen sich vielfältigen Herausforderungen gegenübergestellt. Beispielhaft für ein ERP-System, welches als Zielgruppe KMU anspricht, wird SAP Business One betrachtet. Die Implementierung wird üblicherweise von SAP-Partnerunternehmen durchgeführt. Sowohl die Kundenunternehmen als auch die SAP-Partnerunternehmen sind KMU. Lesen Sie hier unseren Artikel, der in der 18. Ausgabe des Magazins „ERP Management“ erschienen ist.

Die SAP SE unterstützt die Implementierung mit unterschiedlichen Unterstützungsangeboten. Um eine gleichbleibende Qualität sicherzustellen, hat SAP SE als Softwarehersteller auch für „den kleinen Bruder der großen SAP-Systeme“ einen Standardimplementierungsprozess entworfen, der die ERP-Einführung erleichtern soll. Der vorliegende Beitrag stellt Ergebnisse einer Untersuchung aus einer Umfrage unter 49 deutschen SAP-Partnerunternehmen vor. Die Standardisierung von Prozessen ist dabei ein zentraler Bestandteil. Die Ergebnisse zeigen, dass trotz eines hohen Standardisierungsgrades eine flexible Reaktion auf variable Rahmenbedingungen und externe Einflüsse sowie Aktualität der vom Hersteller bereitgestellten Tools und Methoden kritische Erfolgsfaktoren bei der ERP-Implementierung darstellen.

Das Umfeld von ERP-Implementierungsprojekten wird von verschiedenen Fachthemen beeinflusst. [1] Ein zentraler Bestandteil ist das Projektmanagement mit der grundsätzlichen Definition der jeweiligen Projekte und der Gestaltung des Projektumfelds sowie Vorgehensmethoden. Um Projekte zielgerichtet zu organisieren und zu leiten, werden verschiedene Werkzeuge und fachliche Kompetenzen benötigt. [2]
Ziel der Studie war es, das Problemfeld der Implementierung von ERP-Software in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zu bewerten. Beispielhaft wurde die Implementierung von SAP-Software untersucht. In den betrachteten Einführungsprojekten wirken Anforderungen der SAP SE als Softwarehersteller, den Kundenunternehmen und von sogenannten SAP-Partnerunternehmen [3], welche die Implementierung im Konkreten durchführen. Um dieses Spannungsfeld praktisch zu validieren, wurde eine Umfrage unter mehreren Partnerunternehmen durchgeführt. Dadurch konnte ein Meinungsbild erhoben sowie die Verbreitung verschiedener Methoden nachgewiesen werden.

Herausforderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)

Typische Herausforderungen, denen sich die meisten KMU im Umfeld der ERP-Implementierung gegenübergestellt sehen, sind [4]:

Mangel an Ressourcen (Fachkompetenzen, Personal und Budget),
• ineffiziente Projektorganisation,
• unklare Zielsetzung (ungenaue Anforderungen an das neue System),
• eingefahrene oder nicht standardisierte Prozesse.


Projekte benötigen einen gewissen personellen Aufwand. Wird dem Projekt keine angemessene Priorität zugewiesen, kann es zu Verzögerungen im Projektverlauf kommen. Das Projektteam sollte neben fachlichen Kompetenzen entsprechende Fähigkeiten zum Projektmanagement aufweisen. Sind die Geschäftsprozesse in den Kundenunternehmen nicht gefestigt, können Anforderungen nur schwer erhoben werden. Erfahrungsgemäß wird dementsprechend die Anforderungsanalyse vernachlässigt. Im Implementierungsunternehmen sollten die projektumgebenden Prozesse etabliert und dokumentiert sein, um ein Vorgehen mit gleichbleibender Qualität zu gewährleisten. Wird diesen Herausforderungen nicht aktiv entgegengewirkt, kommt es nicht selten zum Scheitern des Projekts durch Nichterreichen der Projektziele.

Bild 1: Implementierungsprozess von SAP SE gemäß AIP [6]

Der ERP-Hersteller als wichtiger Stakeholder

Der ERP-Hersteller, in dieser Studie SAP SE, bietet seinen Partnerunternehmen vielfältige Angebote, um die ERP Implementierung zu unterstützen und eine hohe Qualität zu sichern. Neben fachlichen Schulungen zu softwarespezifischen Themen werden Videos und Anleitungen zur technischen Implementierung angeboten[5]. Ergänzend hat SAP SE für die Implementierung von SAP Business One einen Implementierungsprozess mit fünf Phasen entworfen, der den Projektablauf skizziert. Die Aktivitäten und Inhalte der Phasen werden mit Templates für Besprechungen und Dokumentationen unterstützt. Dadurch wird den Partnerunternehmen der Aufwand der Konzipierung der Dokumente und der Strukturierung der Projekte zu einem gewissen Teil abgenommen. Im Rahmen der Untersuchung wurde festgestellt, dass der Implementierungsprozess im Jahr 2013 konzipiert wurde und dass die dazugehörigen Templates aus dem Jahr 2016 sind. Die Dokumente sind dementsprechend zum Teil stark veraltet und werden möglicherweise nicht mehr in vollem Umfang den praktischen Gegebenheiten gerecht.

Praktische Anwendung

Die Untersuchung der Implementierung in den Partnerunternehmen zeigt, dass das Hilfsmaterial breitflächig genutzt wird. Auch der Implementierungsprozess weist häufig Ähnlichkeiten mit dem SAP-Standardprozess auf. Die Praxis zeigt allerdings, dass nicht immer ein zielgerichtetes und umfassendes Projektmanagement durchgeführt wird. Außerdem werden aufgrund der hohen Komplexität des Prozesses von SAP SE einige Aktivitäten nicht ausreichend durchgeführt, was zu Mehraufwänden im späteren Projektverlauf führt.

Bild 2: Auszug aus der Umfrage der Partnerunternehmen

Um die Ergebnisse mehrheitlich zu validieren, wurde eine Umfrage unter 49 deutschen SAP-Partnerunternehmen durchgeführt. 15 Unternehmen haben geantwortet und konnten mit folgenden Ergebnissen ausgewertet werden:

86 % der Unternehmen ist der Standardimplementierungsprozess von SAP SE bekannt.
• Alle SAP-Partnerunternehmen, denen dieser bekannt ist, nutzen den Standardprozess in unterschiedlichen Ausprägungen für das Tagesgeschäft.
• Die Mehrheit (76 %) wenden den Prozess nur in bedingten bzw. in sehr geringem Umfang an.
• Mehr als die Hälfte (62 %) der Unternehmen schätzen die Unterstützung durch diesen Prozess nur als bedingt hilfreich und etwas hilfreich ein.
• Die Zufriedenheit mit diesem Prozess ergibt ein ausgewogenes Bild. Nahezu ebenso viele Unternehmen
sind zufrieden wie unzufrieden. Demnach kann diesbezüglich keine eindeutige Aussage getroffen werden.
• Nur zwei Drittel der Unternehmen sind der Meinung, dass der von SAP SE bereitgestellte Implementierungsprozess den heutigen Anforderungen gerecht wird.
• Das weitere Supportmaterial findet eine breite Anwendung in den Unternehmen und wird als sehr hilfreich bewertet.
In einer angeschlossenen Freitextfrage wurden im Wesentlichen folgende Anmerkungen festgehalten:
• Eine Aktualisierung des Standardprozesses in Hinblick auf den Informationsumfang und die Aktualisierung und Anpassung auf die neuen Softwareversionen wurde gefordert. Umfang reduziert werden können.
• Der Implementierungsprozess sollte zudem eine Lösung für unterschiedliche Projektgrößen vorsehen.
Insgesamt sollte die Zufriedenheit gegenüber diesem Unterstützungsangebot höher sein, da es bei guter Konzipierung sehr hilfreich sein kann und die Möglichkeit bietet, den Partnerunternehmen große Aufwände zu ersparen.

Bild 3: Auszug aus der Umfrage der Partnerunternehmen.

Fazit

In ERP-Implementierungsprojekten sind verschiedenste Akteure beteiligt:

SAP SE als Softwarehersteller,
• SAP-Partnerunternehmen als Implementierungsunternehmen und
• Kundenunternehmen.


ERP-Implementierungsprojekte befinden sich im Spannungsfeld der beteiligten Stakeholder, die mit unterschiedlichen externen und internen Einflüssen zum Projekt beitragen. Ziel muss es daher sein, diese spezifischen Gegebenheiten zu synchronisieren, um zu einem erfolgreichen Projektabschluss zu kommen. Systemisch liegt diese Aufgabe beim Partnerunternehmen, welches sich den individuellen Anforderungen stellen muss. Die Geschäftsprozesse und internen Unternehmensprozesse sollten einerseits standardisiert und dokumentiert werden und andererseits müssen sie in verschiedenen Situationen flexibel gehandhabt werden, um einen geeigneten Umgang mit den vielseitigen Einflüssen des Projekts zu gewährleisten. Auch eine regelmäßige Anpassung der Prozesse an variable Rahmenbedingungen ist elementar, um Optimierungen und Effizienzsteigerungen zu ermöglichen. Eine gemeinsame Zusammenarbeit und Kommunikation ermöglicht es, die Projekte erfolgreich durchzuführen. Der Umgang und die Betrachtung mit möglichst allen Faktoren ist eine wesentliche Herausforderung in diesen Projekten.
Die Software von SAP SE steht in dieser Studie stellvertretend für andere ERP-Systeme. Dies ist darin begründet, dass die meisten ERP-Systeme entsprechend komplex sowie aufwendig in der Implementierung sind und Unternehmen sich den gleichen Herausforderungen gegenübergestellt sehen.

Dieser Beitrag von unserem Experten für IT-Schnittstellen und Datensicherheit Prof. Dr. Andreas Johannsen mit seiner Kollegin Laura Wellhöfer steht in voller Länge zum Download zur Verfügung.

[1] Leiting A., (2012): Unternehmensziel ERP-Einführung: IT muss Nutzen stiften, Springer-Verlag, https://doi.org/10.1007/978-3-8349-4462-7.
[2] Johannsen A., Kostal H., Kramer A., Sadowicz E. (2017): Basiswissen für Softwareprojektmanager im klassischen und agilen Umfeld Weiterbildung zum ASQF® Certified Professional for Project Management (CPPM), Heidelberg, Deutschland: dpunkt.
[3] SAP (2021): Program Benefits | Sell Solutions | SAP Partners, [online] https://www.sap.com/germany/partner/become/sell/benefits.html.
[4] Wöffel K., (2012): ERP5 Starter: Open-Source-ERP-Einführung durch standardisierte Beratung, in HMD, Bd. 49.
[5] SAP (2021): SAP Business One – SAP Help Portal, [online] https://help.sap.com/viewer/product/SAP_BUSINESS_ONE/9.2/de-DE.
[6] SAP (2013): Accelerated Implementation Program (AIP) 3.0 – Tools and Vorlagen – German, [online] https://help.sap.com/ http.svc/login time=1627887592340&url=%2Fhttp.svc%2Frc% 2F011000358700000924202012d%2F9.2%2Fde -DE%2FB1AIP30_deDE.zip

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